• LOGON - Magazin für Transformation

    Brief an Jo

    Ein von außen betrachtet schwieriger Krankheitsprozess kann auch ein Segen für die ganze Umgebung sein, für die Familie, für den Freundeskreis.

    Lieber Jo!
    Vielleicht ist es etwas merkwürdig, dass ich dir heute einen Brief schreibe. So wie früher, als ich dir
    eine Postkarte aus dem Urlaub oder einen Brief zum Geburtstag geschickt habe. Postkarten und Geburtstagsbriefe sterben heutzutage aus. Aber du, mein lieber Schwager, bist keinesfalls „ausgestorben“, auch wenn du uns im letzten Herbst verlassen hast. In deinem „Weggehen“ hast du uns mit intensivster Lebendigkeit beschenkt.

    Der Bardo Thödol – Das Tibetanische Totenbuch

    Der Bardo Thödol, das Tibetische Totenbuch, begleitet den Sterbenden vom Tod zur Reinkarnation.
    Es ist aber auch ein Wegweiser für das Leben und für das Überwinden von Wiedergeburten.

    Die aus dem 8. Jahrhundert stammende Schrift Bardo Thödol, die etwas unpassend als das Tibetische Totenbuch bekannt wurde, ist nach einer neueren Definition von Lama Anagarika Govinda
    … nicht ein Führer für die Toten, sondern für solche, die den Tod überwinden und den Vorgang des Sterbens in einen Akt der Befreiung verwandeln wollen. Mit der englischen Übersetzung des Tibetischen Totenbuchs durch Evans-Wentz im Jahr 1927 wurde dieses Buch im Westen weit verbreitet und in verschiedene Sprachen übersetzt. Der Bardo Thödol wird Padmasambava, der im 8. Jahrhundert den Buddhismus nach Tibet brachte, zugeschrieben. Er galt bis ins 14. Jahrhundert als verschollen und wurde entsprechend der Überlieferung durch Karmalingpa wiederentdeckt und schriftlich fixiert. Die verschiedenen Übersetzungen des Tibetischen Totenbuchs verbreiteten sich in Amerika und Europa schnell, und das nicht nur unter Interessierten an östlicher Religion, Mystik und Theosophie, sondern auch in der westlichen Wissenschaft, hauptsächlich der Psychologie, der Medizin, Physik und der Forschung über Nahtoderfahrungen.

    Unser Leben – ein Totsein? – Aber was ist dann Leben?

    Unser Leben ist ein farbiger Abglanz. Der, der sich in unserem Dasein abbildet, möchte von uns gefunden werden. Wenn das nicht geschieht, sind wir im Außen verloren.

    Manchmal ändern Ströme ihren Lauf. Die Quelle bleibt am selben Ort
    und ebenso das Meer, aber der Weg zwischen beiden verläuft anders. Wo
    früher Wasser strömte, bleiben tote Arme zurück, Tümpel, Teiche, Seen.
    Sie werden weiter gespeist, von unten durch das Grundwasser, von oben durch den Regen. So bleiben sie indirekt mit dem Strom verbunden, aber zugleich werden sie zu etwas Eigenem. Hierzu schmückt sie die Zauberin Natur, stattet jedes auf seine Weise aus. Ein Auenland entsteht mit herrlichen Orten, Artenvielfalt und wundervollen Biotopen, „Abbildern des
    Lebens“

    Fliehen

    Seit Adam gefragt wurde „Adam, wo bist du?“, sind wir auf der Flucht.
    Wir verstecken uns hinter schönen Worten und Philosophien, verstecken unsere Gefühle und Wünsche vor uns selbst, tun so, als ob uns Andere, die Wirklichkeit und die Tatsachen nichts angingen, schämen uns unserer Handlungen und schöpfen im Verborgenen. Es gibt aber keinen Fluchtweg vor der Wahrheit, vor dem Leben, vor dem Unbekannten, vor Gott. Schließlich stellen wir uns tot. Das ist unser letztes Versteck. Aber das Leben lässt sich nicht täuschen, es ruft und stupst und streichelt und kitzelt und stichelt uns. Dann lachen oder weinen oder verzweifeln oder leiden wir oder wir werden unruhig. Vielleicht stehen wir auf und suchen. Immer werden wir es finden, was wir auch suchen. Tot stellen funktioniert nicht. Tot sein noch weniger. Es gibt nur das Leben.